Inmitten einer sich ständig wandelnden Immobilienlandschaft stehen viele Menschen in Deutschland vor einer großen Herausforderung: der Suche nach bezahlbarem Wohneigentum. Während in Metropolen wie München, Frankfurt oder Hamburg die Quadratmeterpreise immer neue Rekordwerte erreichen, scheint der Traum vom Eigenheim für viele kaum noch realisierbar. Vor allem junge Familien, Alleinerziehende oder Menschen mit mittlerem Einkommen sehen sich oft gezwungen, entweder in kleinen Mietwohnungen zu bleiben oder auf das Land auszuweichen. Doch jenseits der bekannten Großstädte gibt es noch Regionen, in denen der Immobilienmarkt nicht durch überhitzte Preise dominiert wird.
Insbesondere kleinere Städte und strukturschwächere Regionen bieten nach wie vor Potenzial für all jene, die sich den Traum vom eigenen Haus erfüllen möchten. In diesen Städten sind Häuser und Wohnungen nicht nur erschwinglich, sondern oft auch in ruhigen, naturnahen Lagen zu finden. Auch wenn diese Standorte nicht immer im Fokus der medialen Berichterstattung stehen, lohnt sich ein zweiter Blick auf das, was sie zu bieten haben. Einige dieser Städte arbeiten aktiv daran, ihre Attraktivität durch Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung zu steigern – was langfristig auch Auswirkungen auf den Immobilienwert haben kann.
Dieser Artikel zeigt auf Basis aktueller Studien und einem Blick auf das Immobilien-Ranking, wo Wohneigentum in Deutschland heute noch zu vernünftigen Preisen erhältlich ist. Neben der Vorstellung der preisgünstigsten Städte wird analysiert, welche strukturellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen diese Entwicklung begünstigen. Zudem wird ein Blick auf staatliche Fördermaßnahmen geworfen, die das Bauen und Kaufen von Häusern auch in schwierigen Zeiten erleichtern können.
Immobilien-Ranking: Die günstigsten Städte Deutschlands
Chemnitz
Chemnitz führt das Ranking der günstigsten Städte an. Laut dem „Wohnatlas 2024“ der Postbank beträgt der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Bestandswohnungen hier 1.532,20 Euro. Die Stadt verzeichnete zuletzt einen Preisrückgang von durchschnittlich drei bis acht Prozent.
Warum sind Immobilien in Chemnitz so günstig?
Die besonders niedrigen Immobilienpreise in Chemnitz lassen sich durch eine Kombination historischer, wirtschaftlicher und demografischer Faktoren erklären. Die Stadt, die zu DDR-Zeiten als Karl-Marx-Stadt bekannt war, war stark industriell geprägt. Nach der Wiedervereinigung erlebte Chemnitz jedoch einen tiefgreifenden wirtschaftlichen Strukturwandel. Viele Großbetriebe wurden abgewickelt oder privatisiert, was zu einem erheblichen Verlust an Arbeitsplätzen führte.
In der Folge kam es zu einer anhaltenden Abwanderung, vor allem junger und qualifizierter Arbeitskräfte. Die Bevölkerungszahl sank deutlich, und mit ihr auch die Nachfrage nach Wohnraum. Zahlreiche Wohngebäude – insbesondere Plattenbauten – standen leer. In vielen Vierteln bildete sich ein Überangebot an Wohnungen heraus, das sich auch langfristig nicht vollständig erholen konnte. Der Leerstand führte dazu, dass Investoren und Immobilienbesitzer ihre Preise senken mussten, um überhaupt Käufer zu finden.
Zudem hat Chemnitz über lange Zeit hinweg nicht denselben wirtschaftlichen Aufschwung erlebt wie andere ostdeutsche Städte wie Leipzig oder Dresden. Während diese Städte sich zu Zentren für Start-ups, Forschung und internationale Unternehmen entwickelten, blieb Chemnitz im Schatten ihrer Entwicklung. Auch wenn sich die Wirtschaft der Stadt inzwischen stabilisiert hat und der Hochschulstandort mit der Technischen Universität Chemnitz Potenzial bietet, ist die Stadt auf dem Immobilienmarkt weiterhin ein sogenannter Käufermarkt: Die Nachfrage bleibt vergleichsweise gering, was die Preise niedrig hält.
Hinzu kommt, dass Chemnitz im bundesweiten Vergleich oft wenig mediale Aufmerksamkeit erhält, was sich negativ auf die Wahrnehmung und damit auch auf das Investitionsinteresse auswirkt. Erst in den letzten Jahren beginnen Investoren, das Potenzial der Stadt – etwa durch gute Anbindung, kulturelles Erbe und bezahlbaren Wohnraum – wiederzuentdecken. Trotzdem liegt das Preisniveau deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt, was Chemnitz besonders für preissensible Käufer und langfristig orientierte Anleger interessant macht.
Gelsenkirchen
In Gelsenkirchen liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei 1.598,21 Euro. Auch hier sind die Preise für Eigentumswohnungen um bis zu acht Prozent gesunken.
Warum sind Immobilien in Gelsenkirchen so günstig?
Die niedrigen Immobilienpreise in Gelsenkirchen haben ihre Wurzeln vor allem in der industriellen Vergangenheit und den strukturellen Veränderungen, die die Stadt in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat. Gelsenkirchen war über viele Jahre hinweg ein Zentrum der Schwerindustrie und des Steinkohlebergbaus. Mit dem Niedergang dieser Branchen seit den 1960er-Jahren verlor die Stadt jedoch einen Großteil ihrer wirtschaftlichen Grundlage. Der Rückbau ganzer Industriezweige führte nicht nur zu Massenarbeitslosigkeit, sondern auch zu einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale, die sich tief in die städtische Infrastruktur und das soziale Gefüge eingebrannt hat.
In den Folgejahren kam es zu einem kontinuierlichen Bevölkerungsrückgang. Viele junge Menschen und Familien zogen weg, auf der Suche nach besseren Arbeits- und Lebensperspektiven. Dadurch entstand ein Überangebot an Wohnraum, insbesondere im unteren Preissegment. Die Nachfrage blieb schwach, und trotz zwischenzeitlicher Erneuerungsversuche konnte Gelsenkirchen nur begrenzt von der Aufwertung des Ruhrgebiets profitieren.
Ein weiterer Aspekt ist die bis heute vergleichsweise hohe Arbeitslosenquote, die mit dazu beiträgt, dass das durchschnittliche Einkommensniveau niedrig ist. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Kaufkraft und die Attraktivität des Wohnstandorts für Investoren. Auch das Image der Stadt spielt eine Rolle: Gelsenkirchen wird außerhalb der Region häufig mit strukturellen Problemen, Leerstand und vernachlässigten Vierteln assoziiert. Diese Wahrnehmung wirkt sich negativ auf das Investitionsverhalten aus und verhindert nachhaltige Preissteigerungen.
Trotzdem besitzt die Stadt Potenzial. Gelsenkirchen verfügt über ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, eine zentrale Lage in der Metropolregion Rhein-Ruhr und Flächen, die für Projekte der Stadterneuerung und nachhaltigen Entwicklung genutzt werden könnten. In Kombination mit den niedrigen Einstiegspreisen für Wohneigentum macht dies die Stadt insbesondere für Kapitalanleger und Projektentwickler interessant, die langfristig denken.
Bremerhaven
Bremerhaven bietet mit durchschnittlich 1.672,80 Euro pro Quadratmeter ebenfalls erschwingliche Immobilienpreise. Die Stadt verzeichnete ähnliche Preisrückgänge wie Chemnitz und Gelsenkirchen.
Warum sind Immobilien in Bremerhaven so günstig?
Die vergleichsweise niedrigen Immobilienpreise in Bremerhaven sind das Ergebnis mehrerer sich überlagernder Entwicklungen, die sowohl wirtschaftliche als auch demografische Ursachen haben. Die Stadt, einst ein bedeutendes Zentrum des Schiffbaus und der Fischereiindustrie, wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von einem massiven Strukturwandel erfasst. Der Rückgang der maritimen Industrie führte zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten und schwächte die wirtschaftliche Basis der Stadt dauerhaft.
Im Zuge dieser Entwicklung kam es zu einer starken Abwanderung. Viele junge und gut ausgebildete Menschen verließen Bremerhaven, was nicht nur die Bevölkerungszahl reduzierte, sondern auch das Durchschnittseinkommen vor Ort drückte. Der daraus resultierende Nachfrageeinbruch auf dem Wohnungsmarkt führte zu einem Überangebot an Immobilien, insbesondere im Segment der Bestandswohnungen. Immobilien blieben lange auf dem Markt, und Verkäufer mussten mit niedrigeren Preisen kalkulieren, um überhaupt Käufer zu finden.
Weiterhin leidet Bremerhaven bis heute unter einer hohen Armutsquote und einem schwierigen sozialen Umfeld in bestimmten Stadtteilen. Diese Faktoren wirken sich zusätzlich auf das Stadtimage aus und erschweren es, private oder institutionelle Investoren langfristig zu binden. Das öffentliche Bild Bremerhavens ist häufig durch negative Schlagzeilen geprägt, was das Vertrauen potenzieller Käufer in die nachhaltige Wertentwicklung von Immobilien dämpft.
Trotz dieser Herausforderungen bietet Bremerhaven jedoch auch Chancen. Die Stadt investiert verstärkt in Bildung, Wissenschaft und Tourismus, etwa durch die Ansiedlung maritimer Forschungseinrichtungen und durch die Attraktivität des Deutschen Auswandererhauses oder des Klimahauses. Auch die Nähe zur Nordsee sowie vergleichsweise große Wohnflächen zu geringen Preisen sprechen für eine Neubewertung des Standorts. Langfristig orientierte Käufer und Investoren finden hier günstige Einstiegsmöglichkeiten mit Entwicklungspotenzial, auch wenn ein schneller Wertzuwachs gegenwärtig nicht zu erwarten ist.
Weitere Beispiele: Plauen und Wilhelmshaven
Plauen zählt zu den Städten mit den niedrigsten Mietpreisen. Die durchschnittliche Kaltmiete beträgt hier 5,29 Euro pro Quadratmeter, was auf ein insgesamt günstiges Preisniveau hindeutet.
In Wilhelmshaven liegt die durchschnittliche Kaltmiete bei 6,79 Euro pro Quadratmeter. Dies deutet darauf hin, dass auch die Kaufpreise für Immobilien vergleichsweise niedrig sind.
Generelle Gründe für günstige Immobilienpreise
Mehrere Faktoren tragen zu den moderaten Immobilienpreisen in diesen Städten bei:
Wirtschaftsstruktur und Arbeitsmarkt
Städte wie Chemnitz und Gelsenkirchen haben in den letzten Jahrzehnten wirtschaftliche Umbrüche erlebt. Der Rückgang traditioneller Industrien führte zu Arbeitsplatzverlusten und einem Bevölkerungsrückgang, was sich dämpfend auf die Immobilienpreise auswirkte.
Bevölkerungsentwicklung
In vielen dieser Städte ist die Bevölkerungszahl rückläufig oder stagniert. Eine geringere Nachfrage nach Wohnraum führt zu einem Überangebot, was die Preise sinken lässt.
Infrastruktur und Standortattraktivität
Die Attraktivität einer Stadt wird durch Faktoren wie Infrastruktur, kulturelles Angebot und Lebensqualität bestimmt. Städte mit weniger ausgeprägter Infrastruktur oder geringerer Standortattraktivität weisen oft niedrigere Immobilienpreise auf.
Maßnahmen zur Förderung bezahlbaren Wohnraums
Die Bundesregierung hat verschiedene Programme initiiert, um bezahlbaren Wohnraum zu fördern. Dazu zählen:
Klimafreundlicher Neubau
Mit dem Programm „Klimafreundlicher Neubau“ unterstützt die Bundesregierung Bauherren dabei, klimafreundliche Wohnprojekte umzusetzen. Seit Förderbeginn im März 2023 wurden etwa 83.000 Wohneinheiten gefördert.
Soziale Wohnraumförderung
Der Bund stellt den Ländern erhebliche Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Zwischen 2022 und 2028 sind hierfür 21,65 Milliarden Euro vorgesehen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Fazit
Der deutsche Immobilienmarkt ist in Bewegung – während in den Ballungszentren die Preise teils ungebremst steigen, bieten sich in zahlreichen kleineren Städten Chancen, die vielerorts übersehen werden. Die Analyse zeigt, dass es auch heute noch möglich ist, in Deutschland ein Haus zu einem erschwinglichen Preis zu erwerben, ohne auf Lebensqualität verzichten zu müssen. Städte wie Chemnitz, Gelsenkirchen oder Bremerhaven beweisen, dass moderate Kaufpreise und gute Lebensbedingungen kein Widerspruch sein müssen.
Zwar bringen diese Standorte nicht immer die wirtschaftliche Dynamik oder infrastrukturelle Dichte großer Metropolen mit, doch sie bieten Raum für neue Perspektiven – etwa für Menschen, die mobil arbeiten, mehr Ruhe suchen oder ihr Kapital in wachstumsstarke Randregionen investieren möchten. Der Blick auf die Immobilien-Rankings legt nahe, dass sich der Markt nicht einseitig entwickelt, sondern von regionalen Unterschieden geprägt ist, die sich gezielt nutzen lassen.
Auch die politischen Rahmenbedingungen leisten zunehmend Unterstützung. Förderprogramme für klimafreundliches Bauen, sozialer Wohnungsbau oder Steuererleichterungen zeigen, dass die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auf der politischen Agenda angekommen ist. Dennoch bleibt der Erwerb von Wohneigentum eine langfristige Entscheidung, die sorgfältige Planung, realistische Einschätzung der finanziellen Möglichkeiten und genaue Analyse der lokalen Gegebenheiten voraussetzt.
Abseits der bekannten Boomstädte bieten viele Regionen Deutschlands nicht nur günstige Immobilien, sondern auch Lebensqualität, Potenzial und Entwicklungschancen – ein Aspekt, der gerade in Zeiten wachsender Urbanisierung und steigender Lebenshaltungskosten eine neue Bedeutung gewinnt.